Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Insbesondere durch die Corona-Pandemie haben wir erkannt, dass traditionelle Arbeitsweisen nicht immer die effiziententesten sind. Während früher die Präsenz im Büro als selbstverständlich galt, zeigt sich heute, dass flexible Arbeitsmodelle – insbesondere das Homeoffice – für Eltern viele Vorteile bieten. Ob Mutter oder Vater, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine zentrale Herausforderung, der moderne Arbeitsmodelle gerecht werden können.
Als erfahrene Personalleiterin mit über 20 Jahren Erfahrung in der Personalentwicklung möchte ich in diesem Beitrag erläutern, wie ihr als Eltern überzeugende Argumente für mehr Flexibilität in eurem Arbeitsalltag formulieren könnt. Dabei gehe ich auf Berufe ein, die sich gut für das Homeoffice eignen, zeige aber auch Möglichkeiten für diejenigen Berufe, bei denen eine Anwesenheit am Arbeitsplatz erforderlich ist.
Warum Flexibilität für Eltern entscheidend ist
Eltern stehen täglich vor der Herausforderung, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Ein geregelter Tagesablauf mit festgelegten Arbeitszeiten kollidiert oft mit unerwarteten Anforderungen im Familienleben – sei es die Abholung der Kinder von der Schule, Arztbesuche oder spontane Notfälle. Flexible Arbeitszeiten helfen, den täglichen Stress zu reduzieren und ermöglichen es, sowohl den beruflichen als auch den familiären Verpflichtungen besser gerecht zu werden. Diese Flexibilität steigert nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Produktivität.

1. Weniger Pendelzeit – Mehr Effizienz durch Homeoffice
Pendeln kostet nicht nur Zeit, sondern ist auch anstrengend. Eltern, die im Homeoffice arbeiten, können die gewonnene Zeit in ihre Familie investieren – oder für sich nutzen. Statistisch gesehen verbringt der Durchschnittsdeutsche täglich 44 Minuten mit dem Pendeln. Auf ein Jahr hochgerechnet sind das rund 10 Arbeitstage, die Eltern im Homeoffice einsparen können.
- Argument: Die Zeit, die wir sonst für den Arbeitsweg aufbringen, kann direkt für berufliche Aufgaben oder die Familie genutzt werden. Ohne das tägliche Pendeln sind wir konzentrierter und effizienter.
- Beispiel: Zwei Stunden Pendelzeit pro Tag bedeuten zehn Stunden pro Woche. Diese Zeitersparnis kommt nicht nur unserer Arbeit, sondern auch der Betreuung und dem Zeitmanagement für unsere Kinder zugute.

2. Produktivitätssteigerung durch flexible Arbeitszeiten
Homeoffice ermöglicht es Eltern, Arbeitszeiten besser an die familiären Bedürfnisse anzupassen. Studien zeigen, dass Arbeitnehmer oft produktiver sind, wenn sie in ihren eigenen, flexiblen Zeitfenstern arbeiten können. Das gilt besonders, wenn man Kinder hat, die betreut werden müssen oder die Arbeitszeiten sich mit familiären Verpflichtungen überschneiden. Mitarbeiter, die flexibel arbeiten dürfen, sind in der Regel produktiver. Laut einer Studie von FlexJobs geben 65% der Arbeitnehmer an, im Homeoffice effizienter zu arbeiten. Zudem sinken durch flexible Arbeitszeiten krankheitsbedingte Ausfallzeiten, da Eltern ihre Arbeit besser an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen können.
- Argument: Flexible Arbeitszeiten ermöglichen es, produktiv zu arbeiten, wenn die Kinder betreut sind oder schlafen. Das führt zu höherer Effizienz und besseren Ergebnissen.
- Beispiel: Statt starr von 9 bis 17 Uhr zu arbeiten, könnten wir als Eltern beispielsweise frühmorgens oder abends arbeiten, wenn unsere Kinder schlafen. So lässt sich die Arbeit besser in den Familienalltag integrieren.
3. Bessere Work-Life-Balance für Eltern
Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist entscheidend für die Gesundheit und Zufriedenheit von Eltern. Flexibilität bei den Arbeitszeiten und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sind Schlüsselfaktoren, um Beruf und Familie besser zu koordinieren.
- Argument: Flexible Arbeitsmodelle verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, reduzieren Stress und fördern eine gesunde Work-Life-Balance. Dies kommt letztlich auch der Arbeitsqualität zugute.
- Beispiel: Anstatt nach einem langen Arbeitstag erschöpft nach Hause zu kommen, können wir im Homeoffice eine bessere Balance finden. Dies gibt uns mehr Energie und Motivation für die Arbeit und das Familienleben.

4. Gesundheit und Fehlzeitenreduktion durch Flexibilität
Eltern stehen oft unter Doppelbelastung – Beruf und Familie zu vereinen ist eine tägliche Herausforderung. Flexible Arbeitsmodelle können dazu beitragen, stressbedingte Krankheiten zu reduzieren und somit auch Fehlzeiten zu minimieren.
- Argument: Wenn wir als Eltern die Arbeitszeiten flexibel gestalten können, bleibt unser Stresslevel niedrig und unsere Gesundheit intakt. Das führt zu weniger Fehlzeiten und langfristig zu einer höheren Produktivität.
- Beispiel: Durch die Möglichkeit, unsere Arbeitszeit an den familiären Tagesablauf anzupassen, können wir uns besser um unsere Gesundheit kümmern – sei es durch ausreichend Schlaf, Bewegung oder die Vermeidung von Stress.

5. Selbstorganisation und Eigenverantwortung fördern Motivation
Moderne Arbeitsmodelle, die auf Vertrauen und Eigenverantwortung basieren, fördern die Motivation der Mitarbeiter. Als Eltern, die ihre Arbeitszeit flexibel gestalten können, fällt es uns oft leichter, unsere Aufgaben zielgerichtet zu bewältigen.
- Argument: Flexible Arbeitszeiten fördern die Selbstorganisation und erhöhen unsere Eigenverantwortung. Dies führt zu höherer Motivation und damit zu besseren Arbeitsergebnissen.
- Beispiel: Die Freiheit, unsere Arbeitszeiten selbst zu planen, ermöglicht es uns, die Arbeit effektiver zu organisieren und uns gleichzeitig besser um unsere Kinder zu kümmern.
6. Nicht jeder Beruf eignet sich für Homeoffice – aber Flexibilität ist auch hier möglich
Natürlich gibt es Berufe, in denen Homeoffice schwer oder gar nicht umsetzbar ist, etwa in der Produktion, im Gesundheitswesen oder im Einzelhandel. Doch auch in diesen Berufen gibt es Möglichkeiten, Flexibilität zu schaffen.
- Flexible Schichtmodelle: Eine Möglichkeit für Eltern in Berufen mit Präsenzpflicht sind flexible Schichtmodelle, bei denen Eltern ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich planen können. Ein Beispiel hierfür ist das „Self-Scheduling“, das in einigen Kliniken bereits erfolgreich angewendet wird. Mitarbeitende planen ihre Schichten selbst, was die Work-Life-Balance verbessert und Fehlzeiten reduziert.
- Arbeitsplatznahe Kinderbetreuung: Eine weitere Möglichkeit, Eltern in Berufen mit Präsenzpflicht zu entlasten, ist die betriebsnahe Kinderbetreuung. Studien der Bertelsmann Stiftung zeigen, dass Mitarbeitende, die eine solche Betreuung nutzen, produktiver und zufriedener sind.
- Hybride Arbeitsmodelle: Auch wenn der Job hauptsächlich Präsenz erfordert, können hybride Modelle eine Lösung bieten. Das bedeutet, dass an bestimmten Tagen im Büro und an anderen im Homeoffice gearbeitet wird – eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
- Argument: Auch in Berufen, die eine physische Anwesenheit erfordern, gibt es flexible Arbeitszeitmodelle, die es uns Eltern ermöglichen, Familie und Beruf besser zu vereinen.
- Beispiel: Flexiblere Schichtsysteme oder hybride Arbeitsmodelle würden es uns erlauben, auch in Berufen mit Anwesenheitspflicht mehr Kontrolle über unsere Arbeitszeiten zu gewinnen.
7. Kostenersparnis für das Unternehmen durch Homeoffice und flexible Arbeitszeiten
Flexibilität und Homeoffice bedeuten nicht nur Vorteile für die Eltern, sondern auch für das Unternehmen. Durch die Reduzierung von Büroinfrastruktur und die geringere Nutzung von betrieblichen Ressourcen können Kosten eingespart werden. Außerdem tragen flexible Modelle dazu bei, Fehlzeiten zu reduzieren, was die Effizienz erhöht.
- Argument: Durch die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, spart das Unternehmen Kosten für Bürofläche, Energie und Betriebskosten. Gleichzeitig sinken krankheitsbedingte Ausfälle und Fehlzeiten.
- Beispiel: Die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, bedeutet für das Unternehmen weniger Kosten für Infrastruktur und Betriebsmittel, während wir Eltern effizienter arbeiten und Fehlzeiten minimiert werden.

8. Wettbewerbsfähigkeit durch moderne Arbeitsmodelle stärken
Unternehmen, die flexible Arbeitsmodelle anbieten, positionieren sich als attraktive Arbeitgeber. Besonders für qualifizierte Fachkräfte, die auch Eltern sind, wird die Möglichkeit, Beruf und Familie zu vereinbaren, immer wichtiger. Flexibilität ist hier ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, um Talente zu gewinnen und zu halten.
- Argument: Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, sind für qualifizierte Fachkräfte – besonders Eltern – attraktiver und können Talente langfristig an sich binden.
- Beispiel: Eine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglicht es uns Eltern, Beruf und Familie besser zu vereinen. Dadurch bleiben wir dem Unternehmen langfristig treu und tragen zur Wettbewerbsfähigkeit bei.
Gegenargumente des Arbeitgebers – und wie du sie entkräften kannst
Natürlich gibt es auch Argumente, die Arbeitgeber gegen mehr Homeoffice oder Flexibilität vorbringen könnten. Hier einige typische Einwände und wie du sie entkräften kannst:
„Homeoffice reduziert die Teamdynamik und fördert Isolation“
Entkräftung: Während es durchaus stimmig ist, dass physische Nähe Teamgefühl fördert, zeigen Studien, dass remote arbeitende Teams durch gezielte digitale Zusammenarbeit und den Einsatz moderner Tools produktiver und stärker verbunden sein können. Tipp: Betone, dass regelmäßige Team-Calls und Videokonferenzen gezielt soziale Interaktionen fördern können, während Tools wie Slack oder Microsoft Teams spontane Kommunikation ermöglichen. Wichtig ist hierbei die Einführung einer klaren Kommunikationsstruktur. Studien belegen, dass hybride Teams sogar effizienter arbeiten, da sie ihre Zeit und Ressourcen besser planen .
„Der Arbeitgeber hat weniger Kontrolle über die Produktivität im Homeoffice“
Entkräftung: Diese Sorge lässt sich durch transparente Zielvereinbarungen und das Arbeiten mit konkreten Ergebnissen, anstelle von Anwesenheit, ausräumen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Mitarbeitende im Homeoffice oft produktiver sind, weil sie ihre Arbeit flexibler gestalten und konzentrierter arbeiten können. Ein Bericht von FlexJobs fand heraus, dass 65% der Arbeitnehmer im Homeoffice angaben, produktiver zu sein als im Büro . Hier kannst du argumentieren, dass es um Vertrauen und die richtigen Werkzeuge geht, um Arbeitsfortschritte zu messen.
„Nicht jeder Beruf kann im Homeoffice ausgeführt werden“
Entkräftung: Absolut richtig, viele Berufe – etwa in der Pflege oder Produktion – erfordern physische Anwesenheit. Aber auch in diesen Bereichen gibt es Potenzial für Flexibilität. Modelle wie flexible Schichtplanung oder reduzierte Kernarbeitszeiten können Mitarbeitende entlasten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Auch eine Arbeitsplatznahe Kinderbetreuung kann hier wertvolle Entlastung bieten .
„Homeoffice fördert Work-Life-Blending und Überstunden“
Entkräftung: Work-Life-Blending (die Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben) ist eine reale Herausforderung, aber keine unvermeidbare. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitnehmers, klare Strukturen zu schaffen und Pausen zu respektieren. Hier kann eine klare Kommunikationspolitik des Arbeitgebers helfen, z.B. durch verbindliche Feierabendszeiten oder das Ermutigen zu Pausen. Es gibt zahlreiche Zeitmanagement-Tools, die Mitarbeitende darin unterstützen können, Arbeit und Freizeit klar zu trennen .
„Technische Infrastruktur im Homeoffice ist oft unzureichend“
Entkräftung: Eine berechtigte Sorge, aber technische Investitionen in Remote-Setups zahlen sich langfristig aus. Cloud-basierte Lösungen und VPNs bieten eine sichere und leistungsstarke Arbeitsumgebung, selbst für komplexe Tätigkeiten. Immer mehr Unternehmen schaffen maßgeschneiderte Homeoffice-Lösungen, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, von überall auf ihre Arbeitsmittel zuzugreifen. Du kannst deinem Arbeitgeber vorschlagen, Homeoffice-Pakete oder Technikzuschüsse für Mitarbeitende anzubieten, was nicht nur die Zufriedenheit steigert, sondern auch langfristig Effizienzgewinne bringt.
Wie du deinen Arbeitgeber überzeugst
Wenn du deinen Arbeitgeber von mehr Homeoffice oder flexiblen Arbeitszeiten überzeugen möchtest, solltest du gut vorbereitet sein. Hier einige Tipps:
- Führe klare Beispiele an: Zeige, wie du bereits in der Vergangenheit im Homeoffice effizient gearbeitet hast und wie du deine Arbeit auch flexibel gut organisieren kannst.
- Betone den Mehrwert für das Unternehmen: Verdeutliche, wie sich flexible Arbeitszeiten und Homeoffice positiv auf deine Produktivität und Zufriedenheit auswirken – und wie das dem Unternehmen zugutekommt.
- Verweise auf erfolgreiche Modelle: Viele führende Unternehmen wie Microsoft, Google, Siemens und Spotify setzen erfolgreich auf flexible Arbeitsmodelle. Sie ermöglichen Mitarbeitenden, von zu Hause oder im Büro zu arbeiten, oft nach dem Prinzip „Work from Anywhere“. Unternehmen wie Dropbox haben sogar dauerhafte Remote-Modelle eingeführt, während Unilever mit der 4-Tage-Woche experimentiert. Diese Modelle steigern nicht nur die Produktivität, sondern fördern auch die Work-Life-Balance, was besonders für Eltern ein großer Vorteil ist.
Fazit: Flexibilität stärkt Familien und Unternehmen
Die Arbeitswelt verändert sich, und flexible Arbeitsmodelle sind längst kein Luxus mehr, sondern eine notwendige Anpassung an die moderne Realität. Für Eltern sind sie ein unverzichtbares Instrument, um Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Doch auch Unternehmen profitieren von zufriedenen, motivierten und produktiven Mitarbeitenden.
Selbst in Berufen, die eine physische Präsenz erfordern, gibt es Wege, mehr Flexibilität zu ermöglichen. Ob durch flexible Schichtsysteme, hybride Arbeitsmodelle oder Arbeitsplatznahe Kinderbetreuung – es gibt viele Möglichkeiten, Arbeitsbedingungen zu modernisieren und familienfreundlich zu gestalten.
Mit den oben genannten Argumenten kannst du als Elternteil in Gesprächen mit deinem Arbeitgeber klar aufzeigen, wie flexible Arbeitsmodelle nicht nur dir, sondern auch dem Unternehmen zugutekommen. Flexibilität bedeutet nicht nur mehr Freiheit für Arbeitnehmer, sondern auch bessere Ergebnisse für die Unternehmen.
Alles Liebe und viel Erfolg, deine Nadja
Quellenangaben:
McKinsey & Company: „The Future of Work After COVID-19“
https://www.mckinsey.com/future-of-workFlexJobs Report: „Remote Work Statistics: Shifting Paradigms“
https://www.flexjobs.com/remote-work-statisticsBertelsmann Stiftung: „Studie: Arbeitsplatznahe Kinderbetreuung“
https://www.bertelsmann-stiftung.de/kinderbetreuungGallup Study: „State of the Global Workplace“
https://www.gallup.com/state-of-the-global-workplace